
Preisträger des ARD-Wettbewerbs
Die fünf Musizierenden im Barocksaal Tegernsee. Foto: MV
Fünf junge, ausgesuchte Preisträger der letzten Ausgaben des ARD-Wettbewerbs zeigten ihr Können in der Konzertreihe „Podium für junge Solisten“, veranstaltet vom “Freundeskreis für die Förderung junger Musikere.V.“.
Auf der Bühne des Barocksaals in Tegernsee präsentierten sich dem zahlreichen Publikum: Ilyes Boufadden Adloff, Oboe und Haesue Lee, Viola. Aurora Marthens, Sopran, trat schon in zahlreichen Opern Mozarts auf, etwa Die Zauberflöte, Don Giovanni, Die Entführung aus dem Serail, in Donizettis Opera buffa Rita unter der Leitung von Kirill Petrenko in der Berliner Philharmonie. Zudem Johannes Obermeier, Klavier, Gewinner des 3. Preises beim 71. Internationalen Musikwettbewerb der ARD München 2022 und Alexander Warenberg, Violoncello, beim 73. Internationalen Musikwettbewerb der ARD in München im Jahr 2024 mit dem dritten Preis ausgezeichnet.
Endlich anerkannt und immer öfter zu hören: Amy Beach
Das musikalische Wunderkind Amy Beach (1867-1944) zeigte mit ihrem absoluten Gehör schon sehr früh außerordentliche Begabung und bekam Klavierunterricht erst von ihrer Mutter Clara Cheney, dann von Ernst Perabo, einem ausgewanderten, in Leipzig bei Reinicke und Moscheles ausgebildeten deutschen Komponisten und Pianisten, und schließlich von Karl Bearmann, einem Liszt-Schüler. Ihre theoretischen Kenntnisse erhielt sie von Junius Hill, eignete sich aber größtenteils im Selbststudium an, wie auch das Komponieren.
Mit 16 Jahren debütierte sie als Solistin mit Moscheles Klavierkonzert g-Moll und entwickelte sich als Musikerin weiter, repräsentierte die USA auf der Weltausstellung in Chicago 1893 und wurde in Musiker- wie in Frauenrechtlerkreisen bekannt. Ab ihrer Heirat musste sie öffentliche Auftritte begrenzen und konzentrierte sich auf das Komponieren. Nach dem Tod ihres Mannes holte sie die Zeit auf und ging mit eigenen Klavierwerken auf Tournee nach Europa. Zurück in den USA wurde sie Mitbegründerin und Vorsitzende der „Association of American Women Composers“.
Erst in den letzten Jahren hat sich die Musikwissenschaft mit Studien und Recherchen für die Komponistin Amy Beach interessiert. Sie avancierte zu einem Beispiel hohen künstlerischen Profils im internationalen Kulturpanorama. Heutzutage steht ihr Name als einziger weiblicher unter den 86 herausragenden Komponisten aller Zeiten und Länder auf der Granit-Säule an der Hatch Memorial Shell, ein spektakuläres Open Air Podium am Charles River in Boston.
Alexander Warenberg und Johannes Obermeier. Fotos: Daniel Delong
Alexander Warenberg am Cello und Johannes Obermeier am Klavier spielten Amy Beachs 3 Stücke für Violine und Klavier op.40 in der Fassung für Cello und Piano. Sie interpretierten gekonnt den in Töne beschriebenen Weg der Befreiung aus dem Abgeschiedensein zur Freiheit des eigenen Handelns, die drei Stücke La Captive, Mazurka und Berceuse, jedes in seiner eigenen Ausstrahlung erklingen lassend.
Die Herzlichkeit des Nüchternen
Paul Hindemith, (1895 – 1963), zeigt mit Die Serenaden, Kleine Kantate nach romantischen Texten op. 35, einen Charakter seines Schaffens der üblicherweise nicht in seinem Oeuvre vorkommt. Er offenbart musikalisch Herzlichkeit, Innigkeit und Verbundenheit zu seiner Frau, die Widmungsträgerin dieser außergewöhnlichen, 1924 in zehn Tagen fertig gestellten dreiteiligen Komposition: eine Melange aus Kantate und Serenade, eine Folge von instrumentalen und sängerischen Abschnitten. Aurora Marthens, Sopran, Ilyes Boufadden Adloff, Oboe, Haesue Lee, Viola, und Alexander Warenberg, Violoncello, spazierten sensitiv und klarsichtig nachdenkend durch Hindemiths Werk, die Notenkaskaden und die Beschwörung von Liebe und Zugehörigkeit locker nachzeichnend.
Volkstümlicher Dvořák
In der Fassung für Sopran, Cello und Klavier erklang Dvořáks Liederkreis op.55, die Zigeunermelodien. Um auf dem deutschsprachigen Markt Erfolg zu haben, liess Antonin Dvořák 1880 die zuerst tschechischen Texte seines Landsmanns Adolf Heyduk übersetzen und widmete das Werk dem berühmten lyrischen Tenor an der Wiener Hofoper Gustav Walter.
Aurora Marthens und Haesue Lee. Fotos: Daniel Delong
In der Interpretation und Fassung von Aurora Marthens, Sopran, Alexander Warenberg, Violoncell,o und Johannes Obermeier, Klavier, tauchten die Bilder der überkommenen Vorstellung des romantischen, naturnahen und unabhängigen Tziganen auf. Die führende Partie der sieben Gesänge, von „Mein Lied ertönt, ein Liebespsalm„ über „Rings ist der Wald so stumm und still“ bis „Horstet doch der Habicht in den Felsenhöhen“, erklang elanvoll und klangvoll, abwechselnd zwischen Gesang und Cello, die Lebenslust dieser Musik markant auskostend.
Mannheimer Glanz
Ilyes Boufadden Adloff, Oboe, und Haesue Lee, Viola, brachten mit dem Duett Nr.6. für Oboe und Viola D-Dur einen Hauch von höfischer Eleganz zu Gehör. Der Wohlklang dieser Musik zeigte die Kunst eines selten aufgeführten Komponisten: Johann Christian Cannabich, dessen musikalischer Nachlass über 90 wegbereitende Sinfonien umfasst, 40 Ballette, eine Oper, ein Melodram (Elektra) sowie verschiedene Kammermusikwerke. Er leitete das damals bekannteste Orchester Europas, das Mannheimer Hoforchester, und entwickelte Dynamik und Instrumentation. Cannabich war mit Mozart in Freundschaft und musikalischer Kameradschaft eng verbunden.
Ilyes Boufadden Adloff. Foto: JB Millot
Zauber der Naturgeister
Das Lied Le Sylphe von César Franck gestalteten Aurora Marthens, Sopran, Alexander Warenberg, Violoncello, und Johannes Obermeier, Klavier, mit einfühlsamer Intensität, den Zauber dieser Komposition als klangliches Bild der Nacht, der Luft und des Schimmerns des Abendlichts, Francks musikalischen Charme und Sinnlichkeit gekonnt darstellend.
Musik der Erfahrung
Haesue Lee, Viola, Johannes Obermeier, Klavier, und Alexander Warenberg, Violoncello, spielten eine der letzten Werke von Johannes Brahms, das in seinen letzten Jahren aus der Bekanntschaft mit dem Klarinettisten Mühlfeld entstandene Trio op. 114 für Klarinette, Cello und Klavier in der Fassung für Viola statt Klarinette, welche auch aus Brahms Feder stammt. Die drei Musiker beleuchteten das abgeklärte Werk, ließen seine beobachtende melancholische Stimmung trotz manch markanter Akzente treffend wirken. Im Adagio hoben sie das Zarte hervor, im Walzer des Andante grazioso spielten sie volltönig und geschmeidig und gaben sich dem Witz und Charme des anklingenden Csardas im finalen Allegro schwungvoll hin.
Beim Schlussapplaus. Foto: MV
Nach lang anhaltendem Applaus spielten alle ARD-Preisträger gemeinsam Summertime als Zugabe und verabschiedeten ein überaus begeistertes Publikum.
Zum Weiterlesen: Ein Podium für die Jugend