
„Wir sind ein bisschen verrückt“
Tom Dauer präsentiert seinen neuen Film „Downhill Skiers – Ain’t no mountain steep enough“. Foto: Andreas Wolkenstein
Deutschlandpremiere in Tegernsee
In die Verlängerung ging das Bergfilm-Festival heuer mit zwei Vorführungen am Sonntagabend. Der Grund: Festivalleiter Tom Dauer hat einen neuen Film gemacht. Die Deutschlandpremiere von „Downhill Skiers“, bei dem Tom Dauer Co-Regie führte und das Drehbuch schrieb, stellte den Abschluss des Festivals dar. Über 70 Filme waren an den vier Tagen zuvor gezeigt worden. Der Große Preis der Stadt Tegernsee ging dabei an den Film „Champions of the Golden Valley“.
Premiere von „Downhill Skiers“
Tom Dauer steht vor dem Einlass in die Medius Mountain Lounge im Tegernseer Kurgarten und begrüßt die ankommenden Gäste. Ein paar davon wollen ihn auf ein Bier einladen, doch der Festivalleiter will noch die Vorführung seines neuen Films „Downhill Skiers – Ain’t no mountain steep enough“ (Regie: Gerald Salmina) abwarten. „Danach ist mir alles recht“, sagt er und lacht. Vier Tage lang rückte Tegernsee in den Fokus der weltweiten Community von berg- und bergfilmbegeisterten Menschen. Eine anspruchsvolle Zeit, gibt Tom Dauer in seiner Begrüßung zur Deutschlandpremiere von „Downhill Skiers“ zu. „Ich freue mich, wenn es vorbei ist“, ruft er dem Publikum mit einem Augenzwinkern zu.
Eine Saison Skiabfahrt
„Downhill Skiers“ ist eine Produktion, die sechs Skiabfahrer auf ihrem Weg durch die Abfahrts-Weltcuprennen portraitiert. Eine Saison lang hatten die Filmemacher die Sportler begleitet, die allesamt zur Weltelite gehören. Die Zuschauer erfahren vom nahezu epischen Wettkampf zwischen dem Schweizer Marco Odermatt und Cyprien Sarazzin aus Frankreich. Beide hatten in der Saison 2023/2024 um Platz eins auf der Weltrangliste gekämpft, einen Kampf, den Marco Odermatt schließlich gewann. Der Film setzt am Ende dieser Saison an und begleitet die Sportler über die Vorbereitungsphase im Sommer 2024 bis zum Saisonhöhepunkt, der Ski-Weltmeisterschaft im Februar 2025. Gefilmt wurden dabei Männer und Frauen, doch weil das Filmmaterial für einen Film zu umfangreich war, entschlossen sich die Macher dazu, über die Skiabfahrerinnen einen eigenen Film zu machen, erläuterte Tom Dauer.

Die Skiabfahrer Dominik Paris, Cyprien Sarrazin und Marco Odermatt (von links nach rechts) freuen sich über ihre Plätze auf dem Podium. Foto: Johann Groder, Red Bull Content Pool
Beindruckende Bildsprache
Der sportliche Wettkampf endete jäh mit einem schweren Sturz des Franzosen: Sarrazin war Ende 2024 im Training auf der Stelvio-Abfahrt im italienischen Bormio gestürzt und hatte eine Hirnblutung erlitten. „Downhill Skiers“ verschließt die Augen vor der Gefahr des Sportes nicht, zeigt viele tragische Momente, genauso aber auch die Freude über Siege und das Mitfiebern bei spannenden Rennen.
Beeindruckend sind die Bilder, mit denen „Downhill Skiers“ seine Geschichte erzählt: die Drohnenaufnahmen der Abfahrten, Bergpanoramen, der Blick in die Zuschauer und das Entsetzen, wenn ein Fahrer stürzt. Auch innige Momente werden eindrücklich eingefangen, etwa wenn Marco Odermatt seinen Vater umarmt. Die Geschwindigkeit des Filmes gleicht dem Sujet, das er behandelt: Schnelle Schnitte lassen die Zuschauenden über 130 Minuten lang mitfiebern, stellenweise wünscht man sich etwas mehr Bildruhe. Und der Film ist sehr dicht, schneidet viele Themen an, von denen nicht alle vollständig erzählt werden. So hätte man mitunter etwas mehr Einblicke in die Persönlichkeit der Sportler gewünscht. Sehr deutlich wird aber der enge Zusammenhalt unter den Skifahrern, die im Weltcup eigentlich als Konkurrenten gegeneinander antreten. So konzentriert sich der Film voll und ganz auf den sportlichen Wettbewerb und die Emotionen, die die Fahrer dabei antreiben. Ihre Motivation lässt sich mit einem Zitat auf den Punkt bringen: „Wir sind wie alle anderen, nur vielleicht ein kleines bisschen verrückt“, sagt der Norweger Aleksander Aamodt Kilde an einer Stelle in die Kamera.

Skiabfahrer rasen mit einer Geschwindigkeit von bis zu weit über 100 Kilometer pro Stunde den Berg hinunter, hier zu sehen der Österreicher Vincent Kriechmayr. Foto: Samo Vidic, Red Bull Content Pool
Preise beim Bergfilm-Festival
Im Rahmen des Bergfilm-Festivals wird jedes Jahr der mit 3.000 Euro dotierte Große Preis der Stadt Tegernsee verliehen. Dieser ging heuer an den Film „Champions of the Golden Valley“ von Ben Sturgulewski. Der Film behandelt das Bemühen um den Skisport in Afghanistan, wo Trainer Alishah Farhang ein Rennen für Jungen und Mädchen organisierte. Ein Bemühen, das mit der Machtübernahme durch die radikalislamischen Taliban ein Ende fand und die Sportler zu Geflüchteten machte. Für die Preisjury erzählt der Film „zügig in eindrucksvollen Bildern und mit plausiblen Sequenzen“. So führe er in tieferes Verstehen der Situation der Geflohenen.
In weiteren Kategorien machten die Filme „Requiem in Weiß“ (Regie: Harry Putz; Kategorie „Naturraum Berg“) und „Climbing never die“ (Regie: Matt Groom, Nick Rosen; Kategorie „Lebensraum Berg“) das Rennen. Den Otto-Guggenbichler-Nachwuchspreis erhielt Lois Iskliker für seinen Film „Going East“ und der DAV-Preis in der Kategorie „Erlebnisraum Berg“ ging an „Flashed“ (Regie: Eric Bissell). Dieser Film zeigt, wie Babsi Zangerl mit ihrem Partner Jacopo Larcher die 1000 Meter lange Big-Wall-Route „Freerider“ am El Capitan (Kalifornien, USA) klettert. Die Österreicherin ist die erste Person, die dort sturzfrei (ein „Flash“) eine Route geklettert ist. Und schließlich ging der Bayern 2-Publikumspreis an den Film „Buhl – Über alle Gipfel hinaus“ von Werner Bertolan.
Premiere Filmförderpreis
Zum ersten Mal vergeben wurde heuer der mit 5.000 Euro dotierte Filmförderpreis Tegernsee, für den sich junge Nachwuchsfilmer bewerben konnte. Gewinner waren Hanna Schneider und Paul Schweller für ihr Projekt „Strahlesuecher“. Wie Festivalleiter Tom Dauer betonte, wirke die von den Preisträgern beschriebene Herangehensweise dramaturgisch wie ästhetisch überzeugend und verspreche, dem dokumentarischen Ansatz eine eigene Handschrift zu verleihen. Der Film wird beim kommenden Bergfilmfestival Premiere haben. Es findet vom 14. bis 18. Oktober 2026 statt.