Menschen und Tiere

Der Wunsch nach Begegnung

Agnes Wieser und „Der Mann vom Berg“. Foto: MZ

Ausstellung in Holzkirchen

Im Grünen Zentrum in Holzkirchen stellt Agnes Wieser ihre Werke unter dem Titel „Menschen und Tiere“ aus. Die Bilder laden zu einer intensiven Begegnung ein und Begegnung ist auch eines der wichtigsten Themen, das die Weyarner Künstlerin bearbeitet.

Es ist eine Premiere. Zum ersten Mal wird das Grüne Zentrum zu einem Platz für Kunst. Die BBV Steuerberatung für Land- und Forstwirtschaft und der Bauernverband luden gemeinsam dazu ein, in den Geschäftsräumen, Fluren und Treppenaufgang Malerei zu präsentieren.

Menschen und Tiere
Agnes Wieser und Ivonne Lück mit „on my way“. Foto: MZ

Ausgangspunkt dafür war die Initiative „Kunst im Schaufenster“ in Holzkirchen. Von den Bildern von Agnes Wieser war Officemanagerin Ivonne Lück so angetan, dass sie ihren Chefs eine Ausstellung vorschlug. „Ich konnte sie dafür gewinnen und Steuerberatung und Bauernverband haben gemeinsam entschieden, das Konzept von Agnes Wieser „Menschen und Tiere“ zu realisieren“, sagt Yvonne Lück.

Menschen und Tiere
„Kuh blau“ und „Kuh pink“. Foto: MZ

Zu sehen sind 27 Werke, hauptsächlich aus den beiden vergangenen Jahren. Eine Ausnahme bilden die Werke im Eingangsbereich von Kühen und Schweinen, die älteren Datums sind und in denen die Künstlerin noch konsequent realistisch arbeitete. Auch das Porträt von Liz Taylor ist noch gegenständlich ausgeführt.

Menschen und Tiere
Elizabeth Taylor. Foto: MZ

Aber bereits an diesem Bild erklärt die Künstlerin ihre Arbeit. „Manchmal ist ein Bild nett, aber das reicht mir nicht.“ Dieses fand sie in der ursprünglichen Farbgebung langweilig und ging mit der Farbrolle darüber. Auch über das Gesicht, man erkennt die Farbspuren noch, aber sie rettete dann das ausdrucksstarke Gesicht noch vor der Zerstörung.


„Frau bewegt“ und „Ausgang“. Foto: MZ

Agnes Wieser erklärt: „Lieber gehe ich das Risiko ein, dass ich ein Bild zerstöre, als dass ich nicht zufrieden bin.“ Zuweilen müsse sie einen radikalen Schnitt machen. Wichtig sei für sie, diesen Mut zu finden. Der Prozess sei für sie sehr aufregend, wenn sie mit einer neuen Farbe über ein Bild gehe.

Vielschichtigkeit

In dem Bild „Frau bewegt“ wird dieser Prozess sehr deutlich. Sie zeigt mir am Handy die vielen unterschiedlichen Schichten von starker Farbigkeit bis hin zu dem jetzt vorherrschenden Ton in Weiß. Sie habe diese Farbe darüber geschüttet, ebenso das Schwarz, erklärt sie. Viel Arbeit steckt dahinter, die der Laie im fertigen Bild nicht unbedingt erkennt, „aber ich merke schon, dass viel dahinter ist“, sagt sie. Und das nicht nur in der Farbigkeit, denn im Prozess des Malens kam wohl unbewusst das Geschehen im Iran zum Ausdruck. Die Frau trägt kaum erkennbar einen Schleier, fühlt sich bedroht, zeigt aber Selbstbewusstsein.


„Auf in die Freiheit“ und „Roter Panther“. Foto: MZ

Der künstlerische Prozess, den Agnes Wieser in jüngster Vergangenheit durchlaufen hat, zeigt sich sehr deutlich in der Gegenüberstellung zweier Bilder. Realistisch und sehnsüchtig in der Coronazeit gemalt ist „Auf in die Freiheit“, daneben das Bild „Roter Panther“ zeigt einen neuen mosaikartigen Malstil, in dem die Künstlerin sehr gezielt Farbe und Pinselstriche einsetzt, um eine kompositorische Wirkung zu erzielen.

Vor ihrem Lieblingsbild „Der Mann vom Berg“ bleiben wir lange stehen. In diesem Werk treffen mehrere Aspekte des Schaffens der 32-Jährigen aufeinander. Zum einen ist es ebenfalls mosaikartig ausgeführt, sie arbeitet aber auch wie in anderen Bildern, Arme und Beine mehrfach aus, weil sie sich nicht festlegen, offenbleiben möchte. Ein dritter Aspekt ist die Religion.

Wer ist der Mann?

Die Betrachterin erkennt einen Mann in Siegerpose, er kommt herunter vom Berg, wo er vermutlich ein besonderes Erlebnis hatte. Andere gehen den Weg erst noch hinauf, einer sitzt auf einem Esel und die Assoziation zu Palmsonntag drängt sich nachgerade auf. Ja, stimmt Agnes Wieser zu, sie stamme aus einem streng religiösen Haushalt und unterbewusst spielten diese aus der Kindheit stammenden Bilder und Erfahrungen eine Rolle. Die Frage ist, ist das derselbe Mann, der auf dem Esel und der in Siegerpose?


„Punkt 12“, „Vino Rosso“ und „Blaue Stunde“. Foto: MZ

Ein besonders wichtiges Thema aber bei der jungen Künstlerin ist die Sehnsucht nach Begegnung. Kein Wunder nach der Pandemie. Sie drückt dies in mehreren Bildern aus. Da sind die drei Bilder, die sofort eine Assoziation zu Filmen der 50er und 60er Jahre wecken. Die Eleganz der Frauen, die Gespräche ohne Handy, das enge beieinander, die Berührung, das wolle sie in diesen Bildern ausdrücken, erklärt Agnes Wieser.

Menschen und Tiere

Wir sprechen über das linke Bild „Punkt 12“, in dem ich eine Mutter mit ihren Kindern sehe, der Kopf einmal nach links, einmal nach rechts gedreht, alles muss sie überblicken. Und doch das Gesicht zeigt männliche Züge. „Es ist megainteressant, was andere Leute denken“, sagt die Künstlerin. Manchmal erfahre sie ihre Bilder ganz neu.

„Rabe“ und „Taube“. Foto: MZ

Sie mache sich beim Malen weniger Gedanken, könne ihre Gefühle nicht in Worte fassen, sondern drücke sie einfach durch die Malerei aus. Und erst, wenn das Bild fertig sei, könne sie auch die entsprechenden Worte dafür finden.


„Die Sitzenden“. Foto: MZ

In ihrem Bild „Die Sitzenden“ wird noch einmal der Wunsch des Beisammenseins ganz deutlich. Die Menschen gehen auf Tuchfühlung, einer legt gar sein Bein über die Beine der Nachbarin. Andere Menschen kennenlernen, in Kontakt treten, miteinander reden, sich austauschen, dieser Wunsch, wohl bei vielen Menschen präsent, wird in den Bildern der Künstlerin deutlich und strahlt seine Wirkung auf die Betrachtenden sehr intensiv aus.

Die Ausstellung „Menschen und Tiere“ von Agnes Wieser im Grünen Zentrum Holzkirchen, Rudolf-Diesel-Ring 1 bei der BBV Steuerberatung ist noch einige Wochen zu den Öffnungszeiten zu sehen.

Zum Weiterlesen: Kunst kennt kein Alter – Kulturbegegnung zwischen irmgard Reiter und Agnes Wieser, KulturBegegnung, Nr. 38, Seite 7

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