
Manfred Lenzer – von der Forensik zur Fotokunst
Manfred Lenzer vor seinem Werk „Blau Variation 01“. Foto: CS
Vernissage im KULTUR im Oberbräu
Seit Sonntag stellt der Fotograf Manfred Lenzer ausgewählte Werke der letzten 40 Jahre im Foyer des KULTUR im Oberbräu in Holzkirchen aus. Das Spannende an der Schau: Sie zeigt, wie sich seine Fotokunst ganz konsequent zum Abstrakten hin entwickelt hat.
Es ist Sommer, es ist heiß. Dennoch sind am vergangenen Sonntag viele Gäste erschienen, um den Auftakt der neuen Schau „Über vier Jahrzehnte in die Gegenwart“ des Fotografen Manfred Lenzer im Foyer des KULTUR im Oberbräu in Holzkirchen zu zelebrieren. Das künstlerische Mantra des in Otterfing lebenden Fotografen, das allen seinen Werken zugrunde liegt: „Bilder entstehen im Kopf und nicht in der Kamera.“
Manfred Lenzers künstlerische Ursprünge
Ein Ansatz, mit dem Manfred Lenzer bewusst einen Gegenpol zu seinem Berufsleben gesetzt hat. Denn über 35 Jahre leitete er die forensische Fototechnik im bayerischen Landeskriminalamt. Dabei ging es in erster Linie darum, mit ausgefeilter Fototechnik und äußerster Präzision Blutspuren, Fingerabdrücke und Tatortdetails sichtbar zu machen. Dinge, die das bloße Auge gar nicht sieht. „Da habe ich gelernt, genau hinzuschauen – aber aus anderen Gründen als heute“, sagt er. Dennoch sei auch in diesem Job Kreativität gefragt gewesen, um das zu zeigen, was vor Gericht relevant sei.
Die abstrakten Fotografien „Edges01“ und „Edges 02“. Foto: CS
Im Privaten aber wandte Manfred Lenzer sich der schönen Seite der Fotografie zu. Da sei er wesentlich freier und seiner Kreativität seien keine Grenzen gesetzt. „Ich sehe Muster, Farben und Formen und habe relativ schnell ein Bild im Kopf“, erzählt er. Wie er sich dabei als Fotokünstler über die Jahre hinweg weiterentwickelt hat, ist in der Schau sehr schön zu sehen.
Fotoserie „Bella Italia“ aus der Zeit der analogen Fotografie
Da sind zum Beispiel einige seiner frühen Fotografien aus Italien ausgestellt, die aus den 90ern bis Anfang der 2000er stammen. Das Besondere daran: Manfred Lenzer fotografierte damals mit einer 40 Jahre alten Leica 3 f und verwendete Polachrome-Sofortbild-Diafilme. „Dieser einzigartige Look, der damit entstanden ist, lässt sich heute gar nicht mehr nachahmen“, erklärt er. „Höchstens mit Künstlicher Intelligenz.“
Fotos aus der Serie „Bella Italia“. Foto: CS
Während man in den Italienbildern noch Orte und Landschaften deutlich erkennt, zeigt sich auch hier schon Manfred Lenzers Entwicklung hin zur Abstraktion. Durch die Vergrößerung des Kleinbildformats auf 90 x 60 Zentimeter zeigt sich das Farbraster. Eine gewisse Unschärfe entsteht dadurch, was im konventionellen fotografischen Sinne unperfekt wirkt. Aber genau das verleiht seinen Fotos eine „reizvolle Anmutung“. Durch den Druck auf strukturiertes Künstlerpapier verstärkt sich diese Wirkung noch.
„Völlig losgelöst“ – Manfred Lenzers abstrakte Bildsprache
Ein weiterer Schritt in Richtung Abstraktion zeigt sich in seiner Serie „Völlig losgelöst“, die später entstand. „Es handelt sich dabei um real existierende Objekte, die ich mit meiner Kamera aus dem realen Kontext herauslöse“, sagt er darüber. So fotografiert er etwa Teile eines Gebäudes aus ungewöhnlichen Perspektiven und kreiert somit eine abstrakte Komposition aus Licht, Schatten und Farbe, wie etwa die Werke „Atlantis 01“ und „Atlantis 02“.
Das abstrakte Werk „Edges 03“ von Manfred Lenzer. Foto: CS
Während man darin noch den blauen Himmel und weiße Mauern erkennt, wirken seine weißen Fotografien „Edges 01“ und „Edges 02“ auf den ersten Blick wie Kollagen aus gefaltetem Papier. „Edges 03“ mit seinen schwarzen, grauen und roten geometrischen Flächen und der gebürsteten Oberfläche sieht wiederum fast wie eine Druckgrafik aus.
Manfred Lenzer reduziert Landschaftsfotografie auf Farbe, Form und Licht
Mit den Bildern der Serie „Reduziert auf das Maximum“ kehrt Manfred Lenzer wieder zur Landschaftsfotografie zurück und zeigt Bilder von seinen Reisen unter anderem nach Afrika. Doch auch hier reduziert er seine Fotos auf das Wesentliche, was das menschliche Auge zuerst wahrnimmt: nämlich Farbe, Form und Licht. „Erst viel, viel später sehen wir die Details“, sagt er.
Das Bild „Moving out in des Sun“ von Manfred Lenzer. Foto: CS
Zu sehen sind Fotos von Sonnenuntergängen, Seen, Feldern und Strandszenen, die fast wie impressionistische Gemälde wirken, wenn auch mit viel kräftigeren Farben. „Ich lasse die Details weg – und trotzdem erkennt man, was es ist“, sagt Manfred Lenzer.
Außenseiterbild zeigt magischen Moment in Island
Ein Bild in der Ausstellung springt aufgrund seiner Schärfe sofort ins Auge: „Es ist ein Außenseiterbild, weil es wie eine richtige Fotografie aussieht“, erklärt er schmunzelnd. Es sei an einem regnerischen und schwarzen Tag in einer der größten Vulkanwüsten Islands entstanden, an dem sich plötzlich ein Lichtstrahl am Himmel zeigte. Ein magischer Moment für den Fotografen.
Das Außenseiterbild „There is a crack in everything – that’s where the light gets in“ von Manfred Lenzer. Foto: CS
Deshalb wählte er auch einen besonderen Titel für sein Bild – eine berühmte Liedzeile, die aus dem Song „Anthem“ des kanadischen Singer-Songwriters Leonard Cohen stammt: „There is a crack in everything – that’s where the light gets in“. „Es handelt vom Chaos, das in der Welt herrscht, das aber, wenn man genau hinschaut, immer wieder von Licht durchflutet wird“, erzählt Manfred Lenzer. Ein Bild, das gerade in diesen schwierigen Zeiten hoffnungsvoll stimmt.