„Oskar von Miller hat groß gedacht“

Bringen Podcast-Handwerk nach Miesbach: Christiane Pelz und Veronika Weese. Foto: Isabella Krobisch

Vorstellung neuer Hörpfade in Miesbach

Die Hörpfade sind eine Kooperation des Bayerischen Rundfunks mit dem Bayerischen Volkshochschulverband und der Stiftung Zuhören. Wenn Kinder und Erwachsene miteinander lernen, entstehen besonders spannende Projekte. Vor Kurzem wurden sie im Kulturzentrum Waitzinger Keller in Miesbach präsentiert.

Beeindruckende Vielfalt

Schon im dritten Semester veranstaltet das vhs Zentrum Miesbach die Podcastwerkstatt, in der sich alles ums Hören dreht. Veronika Weese, stellvertretende Vorsitzende der vhs Oberland e.V., begrüßte die Podcaster und deren Protagonisten und zeigte sich von der Vielfalt und der hohen Qualität der Beiträge sehr beeindruckt.

Geduld, Herzblut und eine Fülle an Darstellungsformen

Seminarleiterin Christiane Pelz, die viel Herzblut in die Podcastwerkstatt steckt, lobt die entstandenen Geschichten als „bunt, ernst, berührend, einzigartig und authentisch“. Ist erst eine Geschichte gefunden, so entsteht ein Manuskript, es werden Stimmen und Atmosphäre eingefangen, Schnitte gesetzt und Tonspuren angelegt. Geduld spielt dabei die größte Rolle.
„Die Geschichten liegen auf der Straße – man muss sie nur sehen und erzählen“, betont Christiane Pelz und ist stolz auf ihre Kursteilnehmer, die Themen aus Kunst und Kultur, Geschichte, Natur und Technik präsentieren. „Ihr werdet zu Erzählern, zu Mittlern zwischen Gestern und Heute und eure Interviewpartner zu Zeitzeugen.“ Diverse Darstellungsformen wie gebauter Beitrag, Portrait, Reportage, Hörspiel oder Podcast geben den Autoren viel Freiheit. Natürlich müssen Mindeststandards eingehalten werden – der journalistische Ehrenkodex, die Sorgfaltspflicht und eine technisch einwandfreie Qualität. Hat der BR die Beiträge freigegeben, sind sie in Kürze unter www.klingende-landkarte.de (vhs Miesbach) abrufbar.


Gabriele Schultes-Jaskolla zeichnet das Ende des Zweiten Weltkriegs am Tegernsee nach. Foto: Isabella Krobisch

Beispielhafte Zivilcourage

Gabriele Schultes-Jaskolla, dritte Bürgermeisterin von Rottach-Egern und begeisterte Podcasterin, widmet sich in zwei Teilen dem 4. Mai 1945, „an dem es im Tegernseer Tal um alles ging“. Gemeinsam mit Markus Wrba, den dieses Ereignis schon seit seiner Abiturzeit beschäftigt, und Christian Stadler, dem Vorsitzenden des Rottacher Verkehrs- und Verschönerungsvereines, der die Aufstellung von Gedenkstelen initiierte, erzählt sie über den heldenhaften Einsatz von Dr. Paul Frei, Generalkonsul der Schweiz, Stabsarzt Dr. Karl Friedrich Scheid und Dolmetscher Dr. Fritz Winter kurz vor Kriegsende. Es sei ungemein wichtig, diese beispielhafte Zivilcourage nicht zu vergessen. Künftig soll daher immer am 4. Mai an der Überfahrt die Friedensglocke geläutet werden.


Die Geschichte vom Wildschütz Lampl erzählt Kinderreporter Felix. Foto: Isabella Krobisch

Verfolgungsjagd am Leonhardstein

Den 11-jährige Kinderreporter Felix, ein begeisterter Skifahrer und Bergsteiger, fasziniert die Legende vom Leonhardstein und was es mit dem „Lamplsprung“ auf sich hat. Heimatführer Toni Wackersberger hat die Geschichte vom Wildschütz Lampl so authentisch erzählt, dass die Besucher atemlos lauschten. Hat diese wilde Verfolgungsjagd wirklich so stattgefunden? „Da kann sich jeder selbst seinen Reim drauf machen“, meint Toni Wackersberger augenzwinkernd.


Wie funktioniert das Miesbacher Klärwerk? Foto: Isabella Krobisch

Falschgeld im Rechen

Wie das Klärwerk Miesbach funktioniert, hat den 11-jährigen Kinderreporter Anian brennend interessiert. „Was passiert eigentlich, nachdem wir die Klospülung gedrückt haben?“ Diese Frage durfte er an Abwassermeister Wolfgang Sellak und Betriebsleiter Alfred Kölbl vom Zweckverband für Abwasserbeseitigung im Schlierachtal, dem 28.000 Einwohner angeschlossen sind, stellen. Dabei erfuhr er, wie feine und grobe Rechen funktionieren und dass jede Woche eine Tonne Rechengut zusammenkommt. Eines Tages tauchten sogar Falschgeldscheine im Rechen auf. Der BR lobt diesen Beitrag als „eine sehr schöne Reportage mit tollen Schilderungen, guten Nachfragen und super Erklärungen“.


Verbindet das gemeinsame Wirken im Waitzinger Keller: Isabella Krobisch und Elisabeth Neuhäuser. Foto: Isabella Krobisch

Mit Fingerspitzengefühl

Isabella Krobisch ist von Menschen fasziniert und möchte mit ihren Hörbeiträgen vor allem die Lebensbilder von Frauen erzählen. Mit Elisabeth Neuhäusler verbindet sie jahrzehntelanges gemeinsames Wirken im Waitzinger Keller. Dass die Miesbacher Kulturpreisträgerin ihr Leben stringent von den Kindesbeinen bis heute erzählte, erwies sich als echter Glücksfall. Einzige Schwierigkeit war, dieses an Ereignissen so reiche Leben auf die vom BR geforderten 10 Minuten zu kürzen. Dafür befand der BR, „für das Portrait hat die Autorin nicht nur extremes Fingerspitzengefühl bewiesen, sondern sie kommt ihrer Interviewpartnerin sehr sehr nah, erfasst ihr Fühlen und Denken“.


Kinderreporter Kathi und Leo erforschen eine Tradition. Foto: Isabella Krobisch

Mit Rat und Tat

Mit den Kinderreportern Kathi (11) und Leo (10) erleben die Zuhörer mit vielen O-Tönen und einer beeindruckenden Geräuschkulisse wie es beim Miesbacher Haberfeldtreiben zugeht und wie dieser Brauch überhaupt entstanden ist. Judith Schönicke vom BR lobt diesen Hörpfad als „eine sehr schöne Reportage, super anschaulich, toll reportiert und aufgebaut. Kompliment“. Die Miesbacher Haberer und insbesondere Franz Mayer standen Kathi und Leo mit Rat und Tat zur Seite.


Isabella Heller spricht den Podcast ein. Foto: Isabella Krobisch

Persönliche Worte

Nachdem Isabella Krobisch mittlerweile auch das Schneiden der Beiträge beherrscht, hat sie sich an einen weiteren Podcast gemacht. In der Bildersammlung des Kulturamtes Miesbach befindet sich ein Gemälde von Peter Loew (1931-2012), das die Künstlerin Karin Saalmann (1938-2005) zeigt. „Das Porträt sprach mich immer mehr an und weckte in mir den Wunsch, mehr über ihr Leben zu erfahren.“ Menschen, die ihr nahestanden, erzählten Isabella Krobisch die bewegende Lebensgeschichte Karin Saalmanns, die 23 Jahre im Pfarrhaus Valley lebte und als Bildhauerin arbeitete. Annemarie Hagn, Herbert Schmid und Monika Ziegler fanden sehr persönliche Worte. Schließlich wurde sogar noch eine CD entdeckt, auf der Peter Loew auf der Zither Sonaten von Johann Sebastian Bach intonierte. Die schöne Sprecherstimme von Isabella Heller verleiht dem Podcast eine besondere Note.


Blickt in die Geschichte: Kinderreporter Leo. Foto: Isabella Krobisch.

Auf den Spuren von Oskar von Miller

Ein Ereignis, das die ganze Welt bewegte, war die erste Stromübertragung von Miesbach nach München im Jahr 1882. „Als ich im Januar 2025 am Stromdenkmal vorbeikam und die Tafel las, wollte ich alles zu diesem Thema wissen, weil mich Strom und Technik sehr interessieren“, erzählt Kinderreporter Leo. Er recherchierte im Heimatmuseum Miesbach bei Stadthistoriker Alexander Langheiter, fuhr nach München ins Deutsche Museum zu Dr. Frank Dittmann von der Hauptabteilung Technik und traf sich am Stromdenkmal mit Monika Czernin, der Urenkelin Oskar von Millers, die ihm erzählte, „Oskar von Miller hat immer groß gedacht“. Eine Maxime, der auch die Podcaster mit ihren Geschichten folgen möchten. Ein wertvoller Anfang ist gemacht!

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