Fastenpredigten

Fastenpredigt zu Angst und Blockaden

Die leere Kapelle zur Heiligen Familie St. Josef Holzkirchen. Foto: Martin Granacher

Fastenpredigt online

Heute Nachmittag war die erste Fastenpredigt in der Kapelle zur Heiligen Familie St. Josef in Holzkirchen geplant. An vier Sonntagen wollten Laien zu den vier Elementen des Lebens sprechen. Schon 2020 mussten wir kurzfristig absagen und jetzt wieder. Dabei wäre die Idee von Markus Bogner so schön gewesen.

Der Biobauer aus Holz hatte das Projekt „Fastenpredigten“ in Fortsetzung der Enzyklika Laudato Si – Sind wir noch zu retten? in die Veranstaltungsreihe von anders wachsen eingebracht. Er selbst wollte eine Predigt zum Thema „Luft“ halten. Zum „Feuer“ hatten wir einen Banker, zu Erde eine Bäuerin und zu Wasser einen Wissenschaftler eingeladen.

Lesetipp: Fastenpredigten Laudato si‘ – Sind wir noch zu retten?

Die Moderation der vier Predigten sollte in der katholischen Kapelle ein evangelischer Pfarrer, Matthias Striebeck übernehmen. Zweimal mussten wir absagen und hoffen nun auf 2022. Statt der Präsenzveranstaltungen haben wir die beiden Protagonisten gebeten, ihre Gedanken zu den Fastenpredigten mitzuteilen.

Fastenpredigt von Markus Bogner:

Als Landwirt setzt man sich ja fast automatisch ziemlich viel mit Biologie auseinander. Als Landwirt, dem der Erhalt, beziehungsweise die Steigerung der Biodiversität auf seinen Wiesen und Feldern sehr am Herzen liegt, noch viel mehr. Eine Disziplin der Biologie, die ich in den letzten Jahren erst für mich entdeckt habe, ist die Zoologie. Das Wort „Zoo“ in „Zoologie“ hat mich lange vermuten lassen, dass es da nur um die Tiere geht. Als ich eher zufällig mal gelesen habe, dass die genau Übersetzung „die Lehre der lebenden Wesen“ bedeutet, hat mich das Thema plötzlich ungeheuer interessiert, weil ich plötzlich kapiert habe, dass auch der Mensch unter die Beobachtung eines Zoologen fällt. Ist es doch meine Passion, die Erkenntnis meiner Beobachtungen im Anbausystem Gemüsegarten, im Zusammenleben verschiedenster Pflanzen und Tiere, auf das Anbausystem einer menschlichen Gesellschaft zu übersetzen.

Angst ohne direkte Gefahr

Über den für mich wichtigsten Satz, den ich je von einem Zoologen gelesen habe, muss ich schon sehr lange nachdenken und seit Corona unser Leben bestimmt, noch viel mehr: „Der größte und vermutlich auch der einzige Unterschied zwischen Mensch und Tier ist, dass beide zwar das Gefühl der Angst kennen, der Mensch jedoch das einzige Tier ist, das Angst haben kann, ohne dass eine konkrete Gefahr vorliegt.“ Wie wird das schamlos ausgenutzt in den letzten Wochen und Monaten? Politik wie Presse, Angst ist ein sehr beliebtes Instrument, das sich gut verkauft und mit dem es sehr einfach ist, die Menschen dazu zu bewegen, dass sie genau das tun, was man will.

Biologische Landschaft Oberland betreibt Markus Bogner - Buch im oekom verlag
Biobauer Markus Borner mit seinem Buch. Foto: MZ

Im Laufe meines Lebens habe ich mir schon viele Predigten angehört – in und außerhalb der Kirche. Rückblickend kann ich die Prediger in zwei Gruppen einteilen: die einen haben das Instrument der Angst genutzt, um die Zuhörer möglichst gleichzuschalten und im schlechtesten Fall damit zu manipulieren. Der Vorteil für den Prediger: es gab selten Kritik an seiner Predigt. Die anderen haben mit ihrer Predigt versucht, zum Nachdenken anzuregen. Der Nachteil für den Prediger: Die Reaktion der Zuhörer ist offen.

Zum Nachdenken anregen

Angst kann lebensrettend sein, aber sie lähmt auch. Meistens ist Vorsicht sinnvoller als Angst. Vorsicht resultiert aus Nachdenken und Nachdenken regt an, etwas zu tun. Ziel unserer Fastenpredigten wäre es gewesen, die Zuhörer zum Nachdenken und in der Folge zum Tun zu animieren. Schade, dass es zu einer Zeit, in der es besonders wichtig gewesen wäre, dass wir aus dieser Kollektivangst in ein Gefühl der Hoffnung geholt werden, nicht möglich ist.

Ich habe es mir angewöhnt, wann immer ich merke, dass sich in mir das Gefühl der Angst breit macht, ich frage, warum habe ich Angst? Sehe ich mich gerade einer akuten Gefahr ausgesetzt? Wer macht da gerade Angst? Warum tut er / sie das? Und genau das werde ich auch mit Ihnen gemeinsam tun, wann immer die Fastenpredigten stattfinden dürfen.

Fastenpredigt von Matthias Striebeck:

Die evangelische Kirche veranstaltet jedes Jahr eine Fastenaktion. In diesem Jahr lautet der Titel: Spielraum – sieben Wochen ohne Blockaden. Vor diesem Hintergrund eine Reihe von Fastenpredigten zu veranstalten…, das wäre doch mal passend gewesen! Am Ende eines Jahres der Einschränkungen und Hindernisse die Chancen und Möglichkeiten aufzeigen, die sich gerade daraus ergeben: Eine wahrlich schöne Aufgabe! Vom Eise befreit sind Ströme und Bäche… .

Lesetipp: In der Fastenzeit Spielraum nutzen

Pfarrer Matthias Striebeck über fantasievolles Wachstum
Pfarrer Matthias Striebeck auf dem Spurwechselweg. Foto: Karin Sommer

Aber wie beim Malefiz-Spiel zeigt sich auch hier: Kaum ist ein Stein aus dem Weg geräumt, wird einem ein anderer vor die Nase gesetzt. Fastenpredigten sind seit der Alten Kirche ein Mittel, den erwachsenen Taufbewerbern und Taufbewerberinnen und den Gläubigen überhaupt – besonders in der Zeit zwischen Aschermittwoch und Ostern – die Inhalte der christlichen Religion näherzubringen. Seit einigen Jahren bieten sie außerdem die Möglichkeit, ein gesellschaftspolitisch interessantes Thema über das Normalmaß einer gottesdienstlichen Predigt hinaus für einen (ebenfalls erweiterten) Hörerkreis aufzubereiten (wikipedia: „mystagogisch und aszetisch zu vertiefen“).

Markus Bogner betreibt mit seiner Frau den Boarhof in Holz. Matthias Striebeck war evangelischer Pfarrer in Neuhaus und ist jetzt mit seiner Frau Melanie im Allgäu. Er beschreibt sich als Gefängnisseelsorger in der JVA Memmingen und mit Blockaden vertraut.

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