Giora Feidman: Großartiger Musikgenuss

Konzert in Miesbach

Die vier Cellisten nehmen auf der Bühne Platz, Stille nach dem Begrüßungsapplaus. Dann ertönt von hinten ganz zart die Klarinette, eine Melodie entwickelt sich, während Giora Feidman nach vorn läuft und auf die Bühne steigt.

Auch wenn man das schon zum dritten Male im Waitzinger Keller und einmal in der Tegernseer Schlosskirche erlebt hat, es ist immer wieder Gänsehautfeeling. Und es ist immer wieder neu. Denn der weltberühmte Musiker Giora Feidmann kommt immer wieder mit neuen, anderen Musikern, mit neuen, anderen Instrumenten und mit anderen Stilrichtungen daher. So trifft seine Klezmermusik auf Orgel, auf Streicher, auf Jazz, auf Klassik.

Für ihn aber gibt es nur eines, Musik. Stilrichtungen interessieren ihn nicht und so ist auch das Konzert am Samstag Abend eine Mischung aus Folk, Klassik, Klezmer, Spiritual, aber eigentlich sollte man die Stücke nicht in Schubladen stecken, denn das, was zu hören war, bildet eine Brücke zwischen den Stilen und den Instrumenten und den Musizierenden ebenso wie zum Publikum.

Virtuose Variationen

Natürlich ist es der große Klarinettist, der mit seiner gefühlsbetonten und ebenso virtuos-rhythmischen wie zarten Instrumentierung im typischen Klezmerklang zu begeistern versteht. Aber ebenso faszinierend und zu Begeisterungsstürmen hinreißend spielte das Rastrelli Cello Quartett. „The best Cello players in the world“ kommentiert Feidman Kira Kraftzoff, Sergio Drabkin, Mikhail Degtjareff und Kirill Timofeev.

Selbst so bekannte Stücke wie „Take five“ von Paul Desmond bekommen durch die virtuosen, verrückten Variationen der vier Cellisten einen ganz neuen spannenden Hörgenuss. Stets übernimmt einer der Musiker die Melodie oder das Thema und die anderen geben Bass und Rhythmus dazu, dann wird gewechselt, so dass jeder einmal solistisch in Erscheinung tritt. Wenn das Rastrelli Cello Quartett allein musiziert, sieht man Giora Feidman an, wie begeistert er ist und dann klopft er sich auf die Schenkel und strahlt über das ganze Gesicht.

Shalom

Das Brückenthema des Konzerts äußert sich auch darin, dass die so unterschiedlichen Stücke nahtlos über einen Cellostrich oder einen Klarinettenton ineinander übergehen. Plötzlich taucht ein Thema aus „Carmina burana“ von Carl Off auf, kaum dass der Hörer sich noch an dem Klezmerstück von Guido Jäger „Low ring in the deep“ erfreute.

Wie immer vor der Pause kommt die Zugabe. Giora Feidman bekräftigt seine Liebe zu Deutschland, seine Sehnsucht nach Versöhnung, seine Überzeugung, dass Palästinenser keine Terroristen sind und spielt die deutsche, israelische, Palästinensische Nationalhymne, fordert danach zum gemeinsamen Singen von „Shalom“ auf.

Standing ovations

Der zweite Teil beginnt mit einer Komposition von Misha Degtiareff „Lullaby“, wobei der Komponist auch den Solopart übernimmt, ein mitreißendes Stück, das sich jeder Einordnug entzieht. Mit „What a wonderful world“ regen die Musiker zum Besinnen an, um nahtlos in das von Sergio Drabkin arrangierte „One note samba“ zu wechseln.

Zum Schluss greift Giora Feidman noch einmal zu seiner Bassklarinette, um „Go down Moses“ tief und ruhig anzustimmen. Der Übergang vom Spiritual zum flockigen „When I’m 64“ von den Beatles ist wiederum überraschend. Und das Ende des Konzertes liegt wie vor der Pause beim Publikum, es wird gemeinsam gesungen. Donnernder Applaus, standing Ovations nach zwei Zugaben, ein großartiger Musikgenuss und eine wunderbare Botschaft: Brücken bauen.

Gefällt Ihnen dieser Beitrag? Bitte besuchen Sie uns auf