
Musik als Medizin
Bringen Mozart und Medizin zusammen: Theresa Velten, Carmen Roelcke, David Sigel, Zeno Schmid und Benedikt Velten (v.l.n.r.). Foto: Andreas Wolkenstein
Konzert in Tegernsee
Den Werken Wolfgang Amadeus Mozarts wird ja mitunter eine heilende Wirkung zugeschrieben. Ob dies zu Recht geschieht oder Heilung nicht doch eher durch andere Faktoren verursacht wird, sei dahin gestellt. Einen Schaden nimmt man jedenfalls nicht, wenn man sich Mozarts Werken hingibt. Für Isabel Oberacher-Kohlhäufl ist Musik und Medizin aus noch einem ganz anderen, sehr persönlichen Grund verbunden: Die Medizin ermöglichte es ihr, eine Erkrankung zu überstehen und dadurch weiterhin Musik zu machen. Dafür bedankte sie sich nun mit einem Benefizkonzert, dessen Einnahmen der Krebsforschung an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München zu Gute kommt. Mit auf dem Programm: Natürlich Mozart.
Mozart hätte es geliebt
Historiker und Musikliebhaber wissen, dass die Klarinette zu Mozarts Lieblingsinstrumenten gehörte. Drei Werke hat der Megastar der klassischen Musik diesem Instrument gewidmet und eines davon, das Klarinettenquintett in A-Dur (KV 581), gaben fünf junge Musiker im Barocksaal des Gymnasiums Tegernsee nun zum Besten. Der Komponist hätte seine Liebe zur Klarinette gewiss vertieft, wäre er bei dieser Aufführung anwesend gewesen. Wie leicht Klarinettist David Sigel durch das Stück gleitete, wie imposant er die Läufe von unten nach oben und zurück meisterte, wie perfekt er die Töne beherrschte, muss als ein Meisterwerk des Klarinettenspiels bezeichnet werden. Und ganz gleich, ob die Läufe legato, also gebunden, oder staccato („abgehackt“) zu spielen sind, David Sigel entlockte seinem Instrument stets einen warmen und perfekt intonierten Klang. Zugleich fügt er sich harmonisch in das Spiel seiner vier Kollegen ein: Theresa Velten und Carmen Roelcke an den Violinen, Zeno Schmid (Viola) sowie Benedikt Velten (Violoncello) boten einen soliden Rahmen für das Solo der Klarinette. Das Klarinettenquintett erinnert dabei nicht selten an den „größeren Bruder“, das berühmte Klarinettenkonzert in A-Dur (KV 622).
Der medizinischen Forschung viel zu verdanken
Von Mozart stammt auch die Sonate in D-Dur für Violine und Klavier (KV 306), die Pianistin Isabel Oberacher-Kohlhäufl zusammen mit ihrer Tochter Theresa Velten an der Violine aufführte. Der erste Satz, das Allegro con spirito, beginnt mit virtuosem Klavierspiel, bevor die Violine in den Vordergrund rückt. Im zweiten Satz, dem Andantino cantabile, gewinnt das Spiel beider Instrumente eine gewisse Unabhängigkeit, passt doch aber harmonisch zu- und ineinander. Auch hier ist beeindruckend, mit welcher Leichtigkeit Theresa Velten ihr Instrument beherrscht. Wollte man Bezüge zum Anlass des Konzerts herstellen, so würde man festhalten, dass das Auf und Ab der Violinenstimme dem emotionalen Erleben einer Tumorerkrankung gleicht. Auch hier erleben Patienten einen Wechsel der Gefühle. Isabel Oberacher-Kohlhäufl hat ihre eigene Erfahrung mit diesen Gefühlen gemacht. Vor einigen Jahren sei sie selbst an einem Ovarialkarzinom erkrankt, gelte inzwischen aber als geheilt, erläuterte die Pianistin, die als Augenärztin in Regensburg praktiziert, bei der Begrüßung der gut 40 Konzertbesuchenden. Sie habe den Forschenden an der LMU viel zu verdanken, betonte sie. Mit dem Konzert wolle sie Spenden sammeln und die aus ihrer Sicht wichtige Forschung unterstützen.
Isabel Oberacher-Kohlhäufl (Klavier) und Theresa Velten (Violine) harmonieren zusammen. Foto: Andreas Wolkenstein
Akkurat abgestimmt
Ihr zweites Stück, die Sonate in F-Dur (Erste Fassung, 1838) für Violine und Klavier (MWV Q7) von Felix Mendelssohn-Bartholdy brachten Mutter und Tochter nicht minder überzeugend zum Erklingen. Die Sonate wartet mit emotionsgeladenen Harmonien auf, beginnt mit kräftigen „Klavierstößen“ und beeindruckt durch rhythmisch äußerst anspruchsvollen Passagen. Gekonnt und souverän durchwandern Klavier und Violine gemeinsam die beiden Sätze Allegro vivace und Adagio, oft ist das Thema zu hören, das ein Instrument vorgibt und das andere aufnimmt und verändert, weitertreibt. Und immer sind die Einsätze akkurat aufeinander abgestimmt.
Musik und Medizin
Ob das Benefizkonzert zu Gunsten der Ovarialkarzinom-Forschung an der Frauenklinik der LMU eine einmalige Sache bleibt, ist noch ungewiss, verriet Isabel Oberacher-Kohlhäufl auf Nachfrage. Der Wunsch, ein derartiges Konzert zu wiederholen, sei in jedem Fall da. Wer in der Zwischenzeit die Krebsforschung an der LMU unterstützen möchte, kann dies jederzeit tun (siehe Infokasten). Man kann sich nur wünschen, dass beides in Erfüllung geht: eine Neuauflage des Konzert genauso wie viele Fortschritte in der Krebsforschung.
Zum Weiterlesen: Ein Podium für die Jugend – Klassik im Barocksaal des Gymnasiums Tegernsee.