Das Licht einfangen

Coverfoto: Fischer am Inle Lake, berühmt für ihre Ein-Bein-Rudertechnik, die die Arme für das Ausbringen der Netze frei lässt. Foto: Birgit Neiser

Buchtipp von KulturVision e.V.

„Catching the light“ heißt eine eindrucksvolle Fotodokumentation von Birgit Neiser. Die Reithamerin besuchte mehrere Jahre lang Myanmar, ein Land voller Veränderungen. Ihre Liebe zu diesem Land und ihre fotografische Perfektion spürt der Betrachter in jedem Bild.

1981 machte sie mit ihrem Mann eine sechsmonatige Rucksacktour durch Asien. Als sie mit einem Siebentages-Visum auch das damalige Burma bereisten, habe es sie gepackt, erzählt Birgit Neiser bei unserem Telefonat, denn zur Zeit lebt sie mit der Familie in Australien.

Myanmar Fotografie Bambusfloss am Chidwin, Sagaing Region, 2010. Foto: Birgit Neiser

30 Jahre später entschloss sie sich, das Land wieder aufzusuchen und verbringt seitdem zwei Monate pro Jahr im heutigen Myanmar. „Ich konnte zuschauen, wie sich das Land verändert“, sagt sie. Sei es vorher verschlafen und fern der westlichen Zivilisation gewesen, habe der politische Wandel im Jahre 2011 gravierende Veränderungen gebracht.

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Die Fotografin Birgit Neiser. Foto: KN

Seit 1962 hatte der südostasiatische Staat unter einer Militärherrschaft gestanden, 2011 wurde ein ziviler Präsident eingesetzt, der drastische Veränderungen vornahm. Die Demokratisierung aber führte auch zu einer Öffnung gen Westen.
Birgit Neiser erklärt, dass dies als Gegenpol zum Einfluss von China erfolgte, schließlich sei das Land die Westküste für China. Und China baute bereits Pipelines und Straßen, um seinen Einfluss in der Region zu stärken.

Myanmar Fotografie Pagodenkomplex am Flussufer, zwischen Thaungdut und Kalewa am Chindwin, Sagaing Region, 2010. Foto: Birgit Neiser

Für die Fotografin war es faszinierend, dieses Land zwischen Vergangenheit und Zukunft zu bereisen und Landschaft und Menschen in diesem Wandel zu beobachten und zu dokumentieren. „Es sind unglaublich nette Menschen“, erzählt sie begeistert, das Land habe den Ruf gefährlich zu sein, aber für sie sei es das sicherste Land der Welt.

Unberührte Gegenden

Im Laufe der Jahre gewann sie Freunde, die ihr ermöglichten, unberührte Gegenden zu besuchen, wo kein Tourist je hinkommt. „Ich wurde permanent fotografiert, weil diese Menschen kein westliches Gesicht kennen.“ Im Gegenzug ließen sich die Bewohner sehr gern von ihr fotografieren.

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Einsiedler bei einem Spendenzug, Kyaiktiyo, Mon State, 2011. Foto: Birgit Neiser

Dabei entstanden wunderbare Porträtaufnahmen von Menschen aus allen Ecken des Landes. Im Norden der Himalaya, im Süden Thailand, dazu ein Archipel von Inseln. Sehr unterschiedliche Menschen und eine sehr unterschiedliche Natur lernt der Betrachter des Buches kennen.

135 Ethnien

Sie habe ihre Reise nach den Festivals im Lande geplant, um die Kultur zu erleben, sagt Birgit Neiser. Es gebe Pagodenfeste ebenso wie Volksgruppenfeste. 135 verschiedene Ethnien im Lande führten auch zu Problemen. Während der Militärdiktatur wurden alle Widersprüche unterdrückt, aber nach der Wende zur Demokratisierung kamen die jeweiligen Interessen mit Ansprüchen zutage.
Autonomieansprüche führten zu Kämpfen. „Ich hoffe, das Land fängt sich wieder“, meint die Fotografin. Zudem gebe es die religiösen Unterschiede. „Die meisten Buddhisten und Muslime leben friedlich miteinander“, hat sie beobachtet, aber es gebe auch Fundamentalisten.

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Liegender Buddha. Mudon. Mon State, 2011. Foto: Birgit Neiser

Ein Bild zeigt eine riesige, mehr als 100 Meter lange Buddhastatue. Birgit Neiser erklärt, dass der Spender damit sein Karma verbessern wolle. „Je größer der Buddha, desto besser fürs Karma.“ Das gelte aber nur für neue Statuen, alte würden nur mit Hilfe des Westens restauriert.

Wichtig im Land ist auch die traditionelle Medizin und Astrologie, wie das Bild mit dem Totenschädel beweist.

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Traditioneller Medikamentenstand auf dem Markt in Chauk, Magway, 2013. Foto: Birgit Neiser

Und es wird noch nach alter Tradition gelebt, das Holz mit dem Floß transportiert, die Fische werden mit handgeknüpften Netzen gefangen. Der zeitlose Ochsenkarren ist ebenso unterwegs wie es viele neue Autos gibt. Und ein Handy hat heute auch jeder in Myanmar.

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Inle Lake, Shan State, 2010. Foto: Birgit Neiser

Birgit Neiser ist ein Buch gelungen, das uns ein fernes Land in all seinen Wandlungen und Facetten nahebringt. Catching the light, das Licht einzufangen, macht die Schwarz-Weiß-Fotografien zu echten Kunstwerken. Feinste Details werden so ebenso ins rechte Licht gerückt wie Landschaften einen besonderen Zauber entfalten.

Catching the light – A journey across Myanmar von Birgit Neiser, River Books, mit einem Vorwort von Emma Larkin. Die Bildunterschriften wurden von der Autorin dieses Beitrages übersetzt.

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