
Ein Gerücht und eine wahre Leidenschaft
Ilse Aigner zu Gast bei Thorsten Otto in der Radiosendung „Die blaue Couch“. Foto: CS
Interview fürs Radio im Wasmeier-Museum
Am vergangenen Donnerstag war Ilse Aigner, Präsidentin des Bayerischen Landtages, zu Gast auf der „Blauen Couch“ bei Thorsten Otto. Die BR1-Radiosendung wurde im Markus-Wasmeier-Museum in Schliersee aufgezeichnet und bot dem Publikum die Möglichkeit, die Politikerin hautnah zu erleben – witzig, schlagfertig und durch und durch bodenständig.
Mit den Worten „Wir haben das Glück, Bayerns beliebteste Politikerin heute bei uns zu haben“, stellte Moderator Thorsten Otto seinen Gast am Donnerstag im Wasmeier Museum in Schliersee dem applaudierenden Publikum vor. Trotz prallgefülltem Terminkalender nahm sich Ilse Aigner, die seit 2018 dem Bayerischen Landtag als Präsidentin vorsteht, Zeit für das beliebte Interview-Format „Die blaue Couch“ auf Bayern 1.
Gerüchte um Ilse Aigner als mögliche Bundespräsidentin
Moderator Thorsten Otto stieg gleich mit einem Thema ein, das derzeit die Gerüchteküche in Berlin brodeln lässt. Nämlich, dass sie Frank-Walter Steinmeier als nächste Bundespräsidentin beerben könnte. „An Spekulationen beteilige ich mich nicht“, antwortete die Politikerin mit steinerner Miene. Auch wenn es schlimmere Gerüchte gäbe, als mit dem höchsten Amt im Staat in Verbindung gebracht zu werden. Wer nah an der Bühne saß, bemerkte aber ein Lächeln über ihr Gesicht huschen. „Ich habe sehr großen Respekt vor dem Amt und dem Amtsinhaber, den ich sehr schätze“, fuhr sie ernst fort. „Deshalb werde ich nichts dazu sagen“, so ihr Statement.
Ilse Aigner stellt sich den Fragen von Moderator Thorsten Otto. Foto: CS
Doch Thorsten Otto ließ nicht locker. Ob denn die Wahrscheinlichkeit, gegen die Kabarettistin und Moderatorin Susanne Rohrer im Schafkopfen zu gewinnen, höher sei, als die, Bundespräsidentin zu werden, wollte er noch wissen. Ilse Aigners Antwort kam wie aus der Pistole geschossen: „Ja!“ Schallendes Gelächter im Publikum.
Schafkopfen – Ilse Aigners große Leidenschaft
Schafkopfen war ohnehin ein wiederkehrendes Thema in der Sendung, denn dieses bayerische Kartenspiel ist Ilse Aigners große Leidenschaft. Gerne spielt sie es mit Familie und Freunden in ihrer nicht gerade üppigen Freizeit und den seltenen Urlauben, erzählt sie. Auch im Bayerischen Landtag fänden regelmäßig Schafkopfturniere statt. Ihr Glück hielte sich bei diesen Veranstaltungen allerdings in Grenzen: „Immer bei Turnieren habe ich sehr schlechte Karten“, gibt Ilse Aigner selbstironisch zu.
Auf Thorsten Ottos Frage, ob auch Frank-Walter Steinmeier Schafkopfen könne, wusste Ilse Aigner zwar keine Antwort, aber in Berlin sei das so eine Sache mit dem Spiel. Als sie und ihre bayerischen Kollegen einmal dort in einem Hotel einen Raum zum Schafkopfen reservieren wollten, wurde diese mit der Begründung „Tiere seien im Hotel nicht erlaubt“ abgelehnt.
Schwere Erkrankung in der Jugend
Auch wenn Ilse Aigner von Haus aus eine bayerische Frohnatur ist, blickt die heute 60-Jährige auf schwere Zeiten in ihrem Leben zurück. Etwa als sie als 16-Jährige an einem Tumor im Rückenmark erkrankte, eine leidvolle Zeit für die junge Frau. „Ich konnte teilweise wegen der starken Schmerzen nur im Sitzen schlafen“, erzählt sie. Auch herrschte lange Ungewissheit darüber, was ihr fehlte.
Doch diese Erfahrung brachte auch Lehrreiches mit sich. Etwa die Fähigkeit, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden sowie ein gewisses Maß an Gelassenheit. „Mir ist die Aufregung, die oft um Dinge herrscht, viel zu groß“, sagt sie. Gelassenheit und sich selbst nicht immer so wichtig zu nehmen seien gut für die Seele.
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Anteil der Demokratie-Zweifler wächst
Weniger gelassen gibt sich die Landtagspräsidentin aber, wenn es um die aktuellen Entwicklungen in der Politik geht. „Man merkt, dass etwas ins Wanken geraten ist und dass die Demokratie in Frage gestellt wird“, sagt sie besorgt. Zwar sei man in Bayern laut Demokratie-Report noch ganz gut aufgestellt, aber es gäbe mittlerweile einen wachsenden Anteil in der Bevölkerung, der an der Demokratie zweifele. „Das macht mir ein Stück weit Angst“, sagt Ilse Aigner.
Wohl sei auch in der Demokratie nicht alles Gold, was glänzt, wie etwa die mühseligen Entscheidungsfindungen und die fürchterlich langen Umsetzungszeiten. Aber was gibt es für eine Alternative? „Da muss man einfach nur in die Welt hinausschauen, in Länder, wo es keine wirklichen Wahlen gibt und wo man seine Meinung nicht frei äußern darf“, mahnt die Politikerin. Sie erinnert etwa an Putins größten Kritiker, Alexei Nawalny, der im vergangenen Jahr im russischen Straflager zu Tode kam. Posthum wurde ihm und seiner Witwe, Julia Nawalnaja, 2024 auf dem Ludwig-Erhard-Gipfel in Kaltenbrunn der „Freiheitspreis der Medien“ verliehen, den sie dort entgegennahm.
Ilse Aigner will mehr Frauen in die Kommunalpolitik holen
Ein weiteres Thema, das Ilse Aigner unter den Nägeln brennt, ist der Frauenmangel in der Kommunalpolitik. Um dem entgegenzuwirken, engagiert sie sich in der überparteilichen Initiative „Bavaria ruft“, die sich bemüht, mehr Frauen für politische Ämter zu gewinnen. Frauen seien viel zu wenig in den Parlamenten auf Bundes- und Landesebene vertreten, auf kommunaler Ebene aber noch viel weniger, kritisiert sie. „Wir brauchen unbedingt ihre Expertise in Gemeindegremien.“ Dort könne man so viel gestalten und bewegen. Deshalb sei es wichtig, dass mehr Frauen sich beteiligen, um neue Perspektiven einzubringen.
Auch Markus Wasmeier war im Publikum bei der Aufzeichnung der Sendung. Foto: CS
Ein Grund für den geringen Frauenanteil sei, dass Frauen häufig durch Beruf, Kinder und Haushalt etc. besonders belastet seien. Ein weiterer Hemmschuh sei aber auch, dass Frauen sich häufig stark hinterfragten und sich den Job nicht zutrauten. „Selbstreflexion ist zwar gut, aber auch hemmend“, weiß Ilse Aigner, die von sich sagt, so zu reden, wie ihr der Schnabel gewachsen sei.
Ein Jahr auf einer einsamen Berghütte?
Am Ende der Show durfte das Publikum der Politikerin noch Fragen stellen. So wollte etwa jemand wissen, ob Ilse Aigner sich vorstellen könnte, ein Jahr auf einer einsamen Berghütte zu verbringen: Auch hier blieb die schlagfertige Politikerin nicht lange eine Antwort schuldig: „Nur wenn jemand ab und zu zum Schafkopfen vorbeikommt“, scherzte sie.