Wo Hans Moser und Andy Warhol saßen

Michael Hawelka mit einem der Ober hinter der Theke. Foto: Petra Kurbjuhn

Besuch in einem Wiener Café

Zur Wiesnzeit pilgern viele Ausländer nach München, darunter auch die Wiener. Münchner indes, denen der Trubel zu viel wird, pilgern nach Wien an einen Ort, wo die Zeit stehen geblieben zu sein scheint. Das erfahren wir an einem Septembertag im berühmten Café Hawelka.

Es ist heiß und so sitzen die Gäste im Freien, wir ergattern mit Mühe noch einen winzigen Tisch. Zu essen gibt es Gemüsestrudel, er ist fantastisch. Drinnen ist es außergewöhnlich leer, in einer Ecke wird ein Gast von einem Journalisten interviewt. Heimito von Doderer schreibt 1960: „Es gäbe einen möglichen Test für ein Lokal, der anzeigen würde, ob das ein echtes Wiener Café sei. Es müsste nämlich einer unserer vielen und lieben deutschen Gäste, hintnach befragt, die Auskunft erteilen: „Hier is nischt los.“ Eben das ist‘ s was wir alle wollen.“ Heimito von Doderer war hier Stammgast zu dieser Zeit ebenso wie Oskar Werner, Friedensreich Hundertwasser, Erwin Fuchs, Helmut Qualtinger, H.C. Artmann und viele andere.

In den sechziger und siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts war das Hawelka Treffpunkt der Künstler und abends proppenvoll. Aber für ihre Stammgäste fand Josefine Hawelka noch immer ein Plätzchen, um dann in die Küche zu verschwinden und ihre legendären Buchteln zu backen. Leopold und Josefina Hawelka gründeten das Café 1939 in der Dorotheergasse 6 und eröffneten es sofort nach dem Krieg wieder. „Josefine bereitet den Kaffee am Holzofen zu, Leopold besorgt das Feuerholz eigenhändig im Wiener Wald“, ist auf der homepage zu lesen.

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Im CafÉ Hawelka. Foto: Petra Kurbjuhn

Das Interior ist wunderbar altmodisch, es ist von einem Schüler des Jugendstilarchitekten Adolf Loos entworfen und wurde nie verändert. Kleine Marmortischchen, plüschige Ecken, alles eng und holzgetäfelt, viele Zeitungen zum Lesen. An der einen Wand hat Leopold Hawelka Gemälde seiner Stammgäste platziert, an einer anderen Wand hängte er als erster in Wien Plakate von Veranstaltungen aus.

An der Theke steht ein sehr freundlicher junger Mann. Im Gespräch stellt sich heraus, dass er Enkel Michael Hawelka ist, der mit Vater Günther und Bruder Amir den Wiener Mythos weiterführt. Fotografin Petra erzählt ihm, dass sie ihren Fotoband vom Hawelka leider verschenkt habe und ob es diesen noch zu kaufen gebe. Leider nein, vergriffen, sagt er. Und geht in den Keller und holt ein Exemplar. Petra strahlt und fragt was sie schuldig sei. „Unverkäuflich“, lächelt er, „ein Geschenk“. Vor Überraschung und Freude vergisst sie, sich den Band signieren zu lassen.

Im Dienste für die Gäste

Wir outen uns als Bayern und da kommt der Satz von Michael Hawelka: „Wenn in München Oktoberfest ist, dann haben wir viele Münchner hier zu Gast.“ Kein Wunder, wer Lärm und Menschenmassen meiden möchte, der ist hier gut aufgehoben. Er kann den ganzen Tag bei einem Braunen oder einem Verlängerten sitzen und Zeitungen lesen. Niemals käme im Hawelka ein Ober auf die Idee zu fragen: „Darfs noch etwas sein?“

Auch heute noch kommen die Künstler in die Dorotheergasse. Senta Berger, André Heller und Klaus Maria Brandauer stehen auf der Liste der prominenten Gäste. Wer da gerade interviewt wird, erfahren wir nicht, wir schauen uns um in dem Bewusstsein, dass hier auf diesen Stühlen schon Hans Moser, Peter Ustinov, Andy Warhol und Elias Canetti gesessen haben und ahnen warum das Café Leopold Hawelka eine solche Legende ist. Es muss an der Familie Hawelka liegen, die auch in dritter Generation noch ganz im Dienste für ihre Gäste lebt.

Weitere Informationen unter: www.hawelka.at

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