Singalong unter Leitung von Andrea Wehrmann im Waitzinger Keller.

Wunderbares Einstimmen auf die Weihnachtszeit

Singalong unter Leitung von Andrea Wehrmann im Waitzinger Keller. Foto: Petra Kurbjuhn

Konzert in Miesbach

„Wenn das Weihnachtsoratorium erklungen ist, kann Weihnachten werden“, sagte Erwin Sergel, Miesbachs evangelischer Pfarrer zur Einführung des Singalongs im Waitzinger Keller. Wenn es dann so ein phänomenales Gemeinschaftserlebnis ist, heißt es wahrlich nur noch : „Jauchzet, frohlocket!“

In London in der Royal Albert Hall, in Holland, Belgien und Norddeutschlands großen Städten gibt es das Singalong schon. In Bayern bislang nur in Neuendettelsau und in Würzburg. Seit Sonntag Abend allerdings auch in Miesbach. Und so strömten Sängerinnen und Sänger nicht nur aus dem Landkreis, sondern auch der umliegenden Regionen bis weit hinter München in den Waitzinger Keller, um an dieser großartigen, in die Weihnachtszeit einstimmenden Veranstaltung aktiv teilzunehmen.

Zu verdanken ist die Initiative Andrea Wehrmann, Kirchenmusikerin der evangelischen Kirchengemeinde Miesbach, die die Idee schon vor zwei Jahren hatte. Allerdings, so Sergel, sei die evangelische Kirche zu klein und so sei man Isabella Krobisch, Leiterin des Waitzinger Kellers sehr dankbar, dass man sie für die Idee gewinnen konnte.

SingalongPublikum ist der Chor

Beim Singalong ist das Publikum der Chor, das heißt Sängerinnen und Sänger, die das Werk beherrschen oder sich in Proben darauf vorbereiteten, saßen im Saal, nur die hinteren erhöhten Reihen waren reinen Zuhörern vorbehalten. Auf der Bühne saß das Kammerorchester Dieter Sauer und ein Bläserensemble sowie die professionellen Solisten Barbara Pischetsrieder (Sopran), Kerstin Rosenfeldt (Alt), Daniel Hinterberger (Bass) und Virgil Hartinger, der kurzfristig für den erkrankten Christian Havel (Tenor) einsprang.

Singalong: Andrea Wehrmann, Barbara Pischetsrieder, Kerstin Rosenfeldt, Virgil Hartinger, Daniel Hinterberger (Solisten v.l.)

Singalong: Andrea Wehrmann, Barbara Pischetsrieder, Kerstin Rosenfeldt, Virgil Hartinger, Daniel Hinterberger (v.l.). Foto: Petra Kurbjuhn

Dirigentin Andrea Wehrmann hatte die schwierige Aufgabe zu erfüllen, mit ihrem drehbaren Pult sowohl Orchester und Solisten vor sich als auch Chor hinter sich zu führen.

Auch ich hatte mich voller Begeisterung für das gemeinsame Singen der Choräle und Chöre der Kantaten I bis III des Weihnachtsoratoriums von Johann Sebastian Bach angemeldet, hatte ich doch in meiner Jugend viele Jahre lang im Freiberger Dom gesungen und in den vergangenen Jahren bei den Weihnachtsvorbereitungen beim Hören der Langspielplatte lauthals mitgesungen. Eine starke Erkältung verhinderte allerdings die Teilnahme an den Proben.

„Jauchzet, frohlocket!“

So stand ich mit gemischten Gefühlen in der Menge der Chorsänger, als Andrea Wehrmann zum Warmsingen den Choral Nr. 5 und anschließend den Chor Nr. 21 anstimmen ließ. „Wie soll ich dich empfangen“, das ging sehr gut, aber bei „Ehre sei Gott“ versagte die Stimme in den hohen Passagen, und sicher nicht nur wegen der Erkältung! Gottlob ging mein Aussetzer unter bei den vielen guten Sängerinnen und Sängern und Andrea Wehrmann war zufrieden: „Wunderbar!“

Als es dann aber richtig losging mit dem Eingangschor „Jauchzet, frohlocket“, klappte es ganz gut mit der Stimme und wie Erwin Sergel angekündigt hatte, das Herz öffnete sich bei dieser Musik, bei diesem gemeinschaftlichen Singen aus etwa zweihundert Kehlen: „Stimmet voll Jauchzen und Fröhlichkeit an!“

Evangelist Virgil Hartinger erzählte ganz trefflich die Geschichte „Es begab sich aber zu der Zeit“ und Kerstin Rosenfeldt gab der Arie „Bereite dich Zion“ Wärme und Innigkeit. Kraftvoll intonierte Daniel Hinterberger die Arie „Großer Herr und starker König“, wobei ihn die Solotrompete musikalisch begleitete.

Singalong: Chor und Orchester unter Leitung von Andrea Wehrmann

Singalong: Chor und Orchester unter Leitung von Andrea Wehrmann. Foto: Petra Kurbjuhn

Das Orchester Dieter Sauer kommt in der Sinfonia des II. Teiles zum Tragen und jetzt kann auch Virgil Hartinger mit der Tenorarie „Frohe Hirten“ seine solistischen Qualitäten zeigen. Und schon naht der gefürchtete Chor „Ehre sei Gott“. Hinter mir höre ich professionell klingende Soprane, die mich mittragen. Und schon geht es in Teil III mit dem Chor „Herrscher des Himmels“, der exaktes Einsetzen ebenso wie bei „Lasset uns nun gehen“ erfordert. Klappt.

Liveausschnitt aus Chor Nr. 21 „Ehre sei Gott“. Video: Petra Kurbjuhn

Barbara Pischetsrieder hat im Duett mit Daniel Hinterberger „Herr Dein Mitleid, Dein Erbarmen“ ihren solistischen Vortrag. Alle vier Solisten tragen ebenso wie das Orchester dazu bei, dass die Aufführung zu einem Glanzpunkt wird. Der Publikumschor, in dem zahlreiche erfahrene Chorsängerinnen und -sänger die Stimmen tragen, hat am Ende noch einmal seinen großen Auftritt, wenn „Herrscher des Himmels, erhöre das Lallen“ wiederholt wird.

Tiefes befreites Aufatmen bei Andrea Wehrmann und anhaltender Applaus aller Mitwirkender für alle Mitwirkenden. Ein wunderbares Einstimmen auf die Weihnachtszeit, auch wenn man weiß, dass Bach die Musik aus einer gänzlich anderen Komposition hier wiederverwertet hat. Jetzt kann Weihnachten werden.

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