Geboren wurde Sandra Schwabe-Späth in Sehma im Erzgebirge. „Ich hatte eine schöne Kindheit in einem gemütlichen Dorf in einem Mehrgenerationenhaus“, erzählt sie. Dennoch spürte sie, dass in der Schule etwas anderes erzählt wurde als zu Hause. Und als sie mit 11 Jahren erfuhr, dass die Eltern einen Ausreiseantrag in die Bundesrepublik Deutschland gestellt hatten, war sie zwar überrumpelt, aber sie akzeptierte die Entscheidung. Im Gegensatz zu ihrer Schwester, die in der DDR zurück blieb.

Kurz vor dem Mauerfall kam die Familie nach Bayern. Trotz ihres guten Zeugnisses wurde ihr der Besuch einer höheren Schule verweigert und sie musste über den Umweg Hauptschule, Realschule und Fachoberschule das Abitur machen. Ein Studium scheiterte am Wunsch der Eltern, dass sie nun schnell auf eigenen Füßen stehen solle und Geld verdienen möge. Nach einem Praktikum in einem Hotel entschied sie, Hotelfachfrau und Hotelkauffrau zu lernen. „Die Gästebetreuung hat mich von Anfang an begeistert“, erzählt sie. Die Azubis durften mit viel Eigenverantwortung die Ausgestaltung von Projekten übernehmen. Das war in einem Hotel in Schwarzenbach an der Saale, dem Ort, in dem Jean Paul lebte. So kam sie wieder in Kontakt mit der literarischen Welt. „Ich habe schon immer Bücher gefressen“, lacht sie. Und auch selbst geschrieben habe sie, für Schülerzeitungen, unendlich viele Briefe und Gedichte.

Nach ihrem Abschluss ging die junge Hotelkauffrau in verschiedene Städte und übernahm letztlich mit ihrem ersten Mann ein kleines Hotel in Chemnitz. „Wir wollten mit diesem gemeinsamen Projekt die Ehe kitten, aber es gelang nicht“, berichtet sie. So kapitulierte sie und ging nach München, wo sie bei einem großen Hotelkonzern in der Finanzbuchhaltung landete und sich zum Supervisor hoch arbeitete. „2004 traf ich meinen jetzigen Mann und das gab meinem Leben eine positive Wende“, erzählt sie. Er habe ihr gezeigt, was Freizeit ist, was Urlaub ist, denn bisher habe sie nur gearbeitet. „Er hat mich in meiner ständigen Erreichbarkeit gebremst und ich habe endlich gelebt“, erzählt sie strahlend. Nach der Hochzeit am Wendelstein zog das junge Paar nach Au bei Bad Feilnbach.

Ein Bruch in der Familienplanung führte zu einer neuerlichen Wende im Leben von Sandra Schwabe-Späth. „Unser Kinderwunsch blieb unerfüllt“, sagt sie. Jetzt hätten sie sich gefragt, wie das weitere Leben aussehen soll. Wenn eine Familiengründung nicht möglich ist, erhält der Beruf eine neue Funktion. Er wird noch wichtiger und muss eine sinnstiftende Wirkung haben. „Aber wenn du nur Beträge hin- und herbuchst, damit das Budget stimmt, gibt das für mich keinen Sinn“, sagt sie. Die ganze Businesswelt sei ihr jetzt doppelt bitter aufgestoßen, denn sie habe immense Honorare für Manager buchen müssen, die im Unternehmen gekommen und gegangen sind, und die Frage tauchte auf: „Was mache ich hier?“

2010 gab Sandra Schwabe-Späth ihre Stelle auf, plötzlich, aus einem inneren Impuls heraus. Aber die Angst um die Existenz, die Suche nach Sicherheit, das blieb ihr. „Mein Traum wäre ein eigenes Café gewesen, aber dafür reichten die Finanzen nicht“, sagt sie. So jobbte sie beim Diakonischen Werk und übernahm wieder eine Stelle in einem Hotel. Aber auch dort spürte sie Probleme im Management und zog die Reißleine, bevor das Hotel zumachen musste.

Sandra Schwabe-Späth und ihr Mann, der inzwischen auch die Spur vom IT-Spezialisten zum Coach gewechselt hatte, gingen jetzt für eine Zeit nach Australien. „Da erlebst du, das Leben von heute auf morgen zu denken“, erzählt sie. Die ständige Gedankenflut sei in der Wildnis zur Ruhe gekommen und sie habe entschieden, etwas Eigenes auf die Füße zu stellen.

Das Schlüsselerlebnis dabei war die Hochzeit der Schwester, die Sandra Schwabe-Späth gestaltete und viel Lob dafür erhielt. Damit war die Idee geboren: Sie plant und organisiert Feste und Hochzeiten in den heimischen Bergen. Inzwischen hat sie die Firma gegründet und ist mit einem sehr ansprechenden Flyer auf dem Markt.

Zusätzliche Unterstützung erhielt sie vom Projekt Spurwechsel. Vor einem Jahr fand sie in der Bücheroase in Schliersee den Flyer Lese.Zeit und meldete sich zum Schreibseminar des Vereins KulturVision „Autobiografisches Schreiben“ an. Der Wunsch zum Schreiben sei seit der Kindheit sehr stark gewesen, sagt sie. Seitdem nahm sie an allen Seminaren teil und insbesondere das Seminar „Spurwechselschreiben“ sei wie für sie gemacht gewesen. Die daraus gegründete Schreibwerkstatt wurde für Sandra Schwabe-Späth zum Impulsgeber, ihren Prozess durch Schreiben zu begleiten. Auch der Austausch mit den anderen Suchenden habe ihr sehr geholfen und sie in ihrem Weg bestärkt. „Hier kann man von den Hochs und Tiefs in geschütztem Raum erzählen, auch von den Existenzängsten.“ So ist sie die erste in unserem Projekt, die von der Seite „Ich will“ zur Seite „Ich habe es getan“ wechselte. Jetzt heiße es durchhalten, meint sie, der Prozess sei noch nicht abgeschlossen und sie werde auch der Schreibwerkstatt treu bleiben. Denn natürlich bleibe die Frage offen: Ist die neue Spur die richtige? „Das werde ich in zwei Jahren wissen“, lacht sie.

Monika Ziegler
Publiziert 15. April 2014