Gabriele Münter: Landschaft mit gelbem Haus, 1916. Foto:

Gabriele Münter – Malen ohne Umschweife

Gabriele Münter: Landschaft mit gelbem Haus, 1916. Foto: © VG Bild-Kunst, Bonn 2017

Ausstellung in München

Derzeit huldigt eine Ausstellung in München das Werk eine großen Malerin – Gabriele Münter. Was viele nicht wissen: Sie hat auch fotografiert und sich mit Film beschäftigt. Das Lenbachhaus zeigt erstmalig eine umfassende Werkschau.

Eine begabte, starke Frau malte und fotografierte starke Frauen, Landschaften, Interieur und Maschinen. Farbenprächtig und vielschichtig sind die Bilderwelten Gabriele Münters. Sie war eine offene und experimentierfreudige Künstlerin. Vieles, das sie geleistet hat, wurde dennoch nur wenig wahrgenommen. Oft wurde ihr Werk durch den engen Fokus ihrer Beziehung zu Kandinsky interpretiert.

Facettenreicher als bisher bekannt

Bis heute sind fast nur die Bilder aus der Zeit des Blauen Reiter im Zentrum der Aufmerksamkeit gewesen. Der Name Münter wird vorwiegend mit dem deutschen Expressionismus assoziiert, mit Murnau und dem Münter-Haus. Das Werk der Künstlerin ist jedoch vielfältiger, facettenreicher und stilistisch breiter gefächert, als es bisher wahrgenommen wurde.

2017 wäre Gabriele Münter 140 Jahre alt geworden – ein Grund zum Feiern. Seit dem Herbst vergangenen Jahres läuft nun die bemerkenswerte Werkschau im Lenbachhaus. Ein großer Teil der 140 Werke Gabriele Münters wurden noch nie oder letztmalig vor Jahrzehnten der Öffentlichkeit präsentiert. Sie entstammen dem Nachlass der Künstlerin, der sich in der Gabriele Münter- und Johannes Eichner-Stiftung befindet.

Fotografie und Malerei verbunden

Bevor Gabriele Münter sich der Malerei zuwandte, hatte sie bereits fotografiert. Während einer Reise nach Nordamerika (1898–1900) bekam die Künstlerin eine Kodak Bull’s Eye N°2 geschenkt. Bis zur Rückkehr nach Deutschland entstanden rund 400 Fotografien. Das war der Anfang ihrer künstlerischen Laufbahn. Bald darauf begann sie zu malen, fast täglich, ihr ganzes Leben lang. Ihr hochmoderner Ansatz der Verbindung zwischen Fotografie und Malerei ist unter den Künstlerinnen und Künstlern des Blauen Reiter beispiellos.

Gabriele Münter: Drei Frauen im Sonntagsstaat, Marshall, Texas 1899/1900.
Gabriele Münter: Drei Frauen im Sonntagsstaat, Marshall, Texas 1899/1900. Foto: © VG Bild-Kunst, Bonn 2017

Gabriele Münter war fasziniert vom Kino. Auch diesem Abschnitt widmet sich eine Sektion der Ausstellung. Mehrere Filmstationen dokumentieren das frühe Interesse der fortschrittlichen Malerin an diesem damals neuen Medium.

Inspiration Amerikareise

Dass die künstlerische Arbeit Münters mit der Fotografie begann, hinterließ nachhaltige Spuren in der Malerei. In der Ausstellung wird das Thema vertieft. Dort sind Fotografien der Amerikareise gezeigt, die ein spürbar waches Auge erfasst und aufgenommen hat. Mädchen und Frauen bilden einen der Schwerpunkte ihrer fotografischen Beobachtungen. Dieses Sujet setzte sie in der Malerei fort. Auch Landschaften und Szenen im Freien nahmen von Anfang an einen bedeutenden Platz in Gabriele Münters Schaffen ein.

Das Frühstück der Vögel, 1934.
Das Frühstück der Vögel, 1934. Foto: © VG Bild-Kunst, Bonn 2017

Die Künstlerin reiste viel, unter anderem nach Holland, Tunesien, Italien, Frankreich. Fünf Jahre lebte sie in Skandinavien, ein Jahr in Frankreich. 1931 lies sie sich endgültig in Murnau nieder. Spätestens seit dem Aufenthalt in Murnau 1908 mit Kandinsky, Werefkin und Jawlensky veränderte sich Münters Malerei stilistisch und thematisch. Sie begann sie sich für Porträts und Interieurs zu interessieren. Die Umsetzung erfolgte in der Form von ›Genrebildnissen‹ oder Stillleben.

Gabriele Münter: Stilleben vor dem gelben Haus.
Gabriele Münter: Stilleben vor dem gelben Haus. Foto: © VG Bild-Kunst, Bonn 2017

Vier Fünftel der 250 Porträts, die Gabriele Münter im Laufe ihres Lebens malte, sind Frauenbildnisse. Lesende, rauchende, wach in die Welt blickende Frauen in farbenfrohen Bildern von hoher Strahlkraft. Ebenso wie die Landschaften senden sie Botschaften einer natürlichen und selbstbewußt-modernen Frau. „Bildnismalen ist die kühnste und schwerste, die geistigste, die äußerste Aufgabe für den Künstler“, hat die Malerin festgehalten.

Bildnis einer Künstlerin (Margret Cohen), 1932.
Bildnis einer Künstlerin (Margret Cohen), 1932. Foto: © VG Bild-Kunst, Bonn 2017

Es war eine Zeit gewaltiger technischer Umwälzungen, die sich auch in der Gesellschaft und Kunst niederschlug. Auch Münter zeigte ein großes Interesse für Arbeit und Technik, wie viele Künstler und Künstlerinnen der Avantgarde. Bereits während ihrer Nordamerika-Reise zeichnete und fotografierte sie ihre Verwandten bei der Feldarbeit. Auch Dampfer auf dem Mississippi, Eisenbahnkonstruktionen und Lokomotiven hielt sie fotografisch fest.

Mensch und Maschine

Aber nicht die Ungetüme aus Stahl und Eisen auf Wasser und Schienen bildeten den Mittelpunkt vieler technischer Gemälde, sondern ausgerechnet der Bagger. Die Künstlerin sah die mächtig wirkende Maschine als »Ungeheuer, [das] frißt u. fallen [läßt]«. Sie malte eine ganze Reihe kleinformatige Bilder mit der Darstellung von Bauarbeiten. Auch diese sind erstmals in der Ausstellung zu sehen.

Wer also meint, er kenne die Malerei von Gabriele Münter, wird in der derzeitigen Ausstellung in München gewaltig staunen und dabei eine ganz neue, andere Malerin und Künstlerin kennenlernen.

Die Ausstellung „GABRIELE MÜNTER“ findet noch bis zum 8. April 2018 im Lenbachhaus Kunstbau in München statt. Details entnehmen Sie der Website des Museums.

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