Drang nach Klarheit, Einfachheit, Übersichtlichkeit

Auferstehungskirche in Rottach-Egern. Foto: Isabella Krobisch

100 Jahre Olaf Andreas Gulbransson

In diesem Jahr wäre der Architekt Olaf Andreas Gulbransson 100 Jahre alt geworden. Ein hochbegabter Künstler, der baute, malte, schrieb, zeichnete und außerordentlich musikalisch war. Seine Jugendzeit verbrachte er in Bayern und Norwegen, durch den Wohnsitz seiner Eltern Olaf und Grete Gulbransson auf dem Schererhof war er dem Tegernseer Tal von Kind an verbunden. Er studierte an der Technischen Hochschule München und an der Akademie der Bildenden Künste München. Seit 1951 war er selbständiger Architekt. Am 18. Juli 1961 verunglückte er bei einem unverschuldeten Autounfall auf dem Weg zu einer seiner Baustellen tödlich.

Versammlung wie auf freiem Felde

Das Tegernseer Tal verdankt Olaf Andreas Gulbransson die Auferstehungskirche in Rottach-Egern, die 1955 eingeweiht wurde. Mit diesem Gotteshaus hat er einen zutiefst theologisch ikonografisch bedeutenden Sakralbau geschaffen. Die innere Struktur des evangelischen Gottesdienstes, die Gemeinsamkeit der Gläubigen bei Predigt, Abendmahl und Taufe verlangt den Ein-Raum, die Einbeziehung des Altars und des Taufsteins in die Gemeindekirche, die starke Betonung der Abendmahlstufe, die unmittelbare Nähe des Predigers zu den Hörenden. Die Folgerung daraus ist ein Zentralraum, in dem sich die Gläubigen so zum Gottesdienst anordnen, wie sie sich etwa auf freiem Felde von selbst aufstellen würden, so dass alle dem Geistlichen gleich nahe sind.

Der Architekt Gulbransson wurde bei diesem Kirchenneubau vom „Drang nach Klarheit, Einfachheit, Übersichtlichkeit und neuer geistiger Haltung“ geleitet, wie sich seinen Schriften entnehmen lässt. Heute gilt die Rottacher Auferstehungskirche als Schlüsselwerk für alle Sakralbauten, die seit dem Jahr 2002 sogar unter Denkmalschutz steht.

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Cover des neuen Kirchenführers. Foto: KN

Zum Doppel-Jubiläum hat die Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde Tegernsee Renovierungsarbeiten an ihrer Auferstehungskirche vornehmen lassen und den Vorplatz umgestaltet. Außerdem ist ein neuer Kirchenführer erschienen. Darin beschreibt Ingrid Strauß sehr anschaulich die Ikonografie der Kirche und Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler geht auf die Bedeutung des Kreuzes in heutiger Zeit ein.

Das Kreuz geht über die Architektur hinaus

Denn nicht nur Olaf Andreas Gulbransson erhitzte die Gemüter mit seinem 1955 als „architektonisches Wagnis“ bezeichneten Kirchenbau, auch die Künstlerin Meide Büdel tut es mit ihrer äußerst reduzierten Kreuzesdarstellung über dem Eingang der Kirche: „Gerade die Offenheit rechts und links des Korpus birgt für mich die Vorstellung, dass das Kreuz über die Architektur hinaus gehen kann. Das beschreibt im Entwurf einen Moment, in dem Christus sich vom Irdischen löst.“

Eine Kirche, die Maßstäbe setzt und Weiterentwicklungen zulässt.

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